Montag, 17.07.2023

Die Darmlänge beeinflusst den Gewichtsverlust nach Magenbypass

Bei einem Magenbypass werden typischerweise zwei Meter Darm so verändert, dass sie Nahrung nur noch bedingt oder sogar gar nicht aufnehmen können. Die Aufnahme der Nährstoffe ins Blut ist dann eingeschränkt, was einen Teil des Effektes eines Magenbypasses ausmacht.

Überraschenderweise ist aber der Darm bei Menschen sehr unterschiedlich lang. Längen zwischen vier und zehn Metern sind beschrieben. Wenn man davon die ausgeschalteten 2m abzieht, dann resultiert eine für die Nahrungsaufnahme zur Verfügung stehende Restdarmlänge von zwei bis ca. acht Metern. Der längere Darm ist also bis zu 400% länger als der kürzeste.

Wir fragten uns, ob dieser gewaltige Unterschied eine Rolle für das Körpergewicht und für den Gewichtsverlust nach Anlage eines Magenbypass spielt.

 

Vorgehensweise

Dazu haben wir seit Oktober 2018 immer, wenn es technisch möglich war, die verbleibende funktionierende Darmlänge nach Anlage eines Magenbypass gemessen. Dies gelang anfangs nur in 57% der Fälle, inzwischen aber in fast 90%. Das Verfahren hat also eine Lernkurve und in einigen Fällen mussten kleine Darmdefekte durch Naht verschlossen werden. Einen bleibenden Schaden oder auch nur eine Verlängerung des Krankenhausaufenthaltes erlitt aber kein Patient.

Ein Jahr nach der Operation verglichen wir dann den Gewichtsverlust mit der Länge des funktionierenden Darms.

 

Ergebisse

Auch wir fanden das entsprechende Spektrum von verschiedenen Darmlängen. Beim Vergleich der Darmlängen mit dem BMI vor der Operation stellten wir keinen Zusammenhang fest. Erstaunlicherweise leistet ein vier Meter langer Darm für seinen Besitzer das Gleiche wie ein zehn Meter langer Darm. Untersuchte man aber den postoperativen Gewichtsverlust nach einem Jahr, so fand sich ein Zusammenhang mit der Darmlänge. Dabei teilten wir die Patienten entsprechend der Darmlänge in 4 Gruppen ein. Im Durchschnitt verloren die Patienten in einem Jahr 82 % des Übergewichts. In der Gruppe der sehr langen Därme lag der Durchschnitt aber nur bei 75%, während er in der Gruppe der kürzesten Därme bei 89% lag.

 

Konsequenzen

Insgesamt ist der Gewichtsverlust im Rahmen von Vergleichen mit anderen Untersuchungen sehr gut. Neu ist die Erkenntnis, dass zwischen den Darmlängen 15% Unterschied im Gewichtsverlust bestehen.  Dies ist wichtig zu wissen. Wenn man den Hintergrund eines geringeren Gewichtsverlustes des Patienten zumindest zum Teil so erklären kann,  das der Darm länger ist als normal, ist das für einige Patienten beruhigend und verhindert Selbstzweifel. In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, in einer zweiten Operation einen höheren Gewichtsverlust, aber insbesondere auch eine bessere Kontrolle eines Diabetes mellitus zu erzielen. Dann weiß man, dass der Darm lang ist und dass in einer weiteren Verkürzung ein Potential zur Verbesserung des Ergebnisses liegt, ohne dass der Patient durch einen zu kurzen Darm Schäden erleiden würde.

Diese Konsequenz haben wir inzwischen in einigen Fällen gezogen und konnten bei diesen Patienten dadurch eine deutlich bessere Kontrolle des Diabetes und zufriedenstellenden Gewichtsverlust erzielen.

Jeder kleine Zugewinn von Erkenntnis über die genauen Mechanismen des Gewichtsverlustes hilft zum Verständnis des ganzen Bildes. Wenn sogar eine Konsequenz daraus erfolgt, die es ermöglicht, dass unsere Patienten ein gesünderes und zufriedeneres Leben führen können, ist es umso besser und genau in unserem Sinne eines kontinuierlichen Bemühens um bessere Betreuung unserer Patienten.