Operative Therapie der Adipositas

Seit über 30 Jahren gibt es Versuche, bei adipösen Menschen durch operative Maßnahmen die Kalorienzufuhr zu drosseln und auf diese Art und Weise das Gewicht zu reduzieren.  In der Frühphase dieser Bemühungen resultierten teilweise gravierende Mangelzustände, teilweise wurde ein ausreichender Erfolg der operativen Maßnahme verfehlt. Mit Einführung des Magenbandes hat sich eine erste wirksame Adipositas-Operation etabliert, die durch die Einführung des Magenbypass eine eindrucksvolle Verbesserung erfuhr. Ein wesentlicher Meilenstein in der operativen Therapie der Adipositas war dann aber die Einführung der sogenannten Schlüssellochtechniken (laparoskopische Operation), die die mit der Operation verbundenen Risiken vor allem der Wundinfektionen wesentlich senkte. Auch die heutzutage zunehmend häufigere Methode der Schlauchmagenbildung wird in der Schlüssellochtechnik durchgeführt.

Unter vielen Operationsmethoden haben sich heute der Magenbypass und die Schlauchmagenbildung als Standardverfahren herauskristallisiert. Bei den operativen Verfahren zur Gewichtsreduktion gibt es zwei Wirkprinzipien. Das erste ist die Reduktion der Nahrungsaufnahme, die sogenannte Restriktion. Dies bedeutet im Wesentlichen eine Verkleinerung des Magens, nach Möglichkeit verbunden mit einer zusätzlich langsamen Magenentleerung.  Gleichzeitig sollte das Verfahren so beschaffen sein, dass der Patient nicht angesichts der nur geringen Portionen Hunger verspürt. Beide Verfahren, die Schlauchmagenbildung und auch der Magenbypass erfüllen diese Voraussetzungen. Zusätzlich kommt beim Magenbypass noch die Wirkung der Malabsorbtion hinzu, was bedeutet, dass durch die Ausschaltung eines beträchtlichen Anteils der Dünndarmlänge die Aufnahme der gegessenen Nahrung aus dem Darm ins Blut erschwert wird.

Man sollte nun meinen, dass unter solchen Umständen die Wirkung des Magenbypass derjenigen des Schlauchmagens deutlich überlegen ist. Dies ist aber nicht der Fall, woraus hervorgeht, dass bis heute die Mechanismen mit denen die operative Adipositasbehandlung  ihre Erfolge erreicht, nicht vollständig verstanden sind. Es gibt zahlreiche Theorien und Vorstellungen, die durch wissenschaftliche Untersuchungen belegt sind. So entfällt beispielsweise durch Entfernung eines Magenanteils bei der Schlauchmagenbildung der Bildungsort des Hungerhormons Ghrelin. Dies lässt sich auch am Blutspiegel nachweisen, aber nach einigen Jahren sind die Blutspiegel wieder normal, der Patient nimmt aber dennoch nicht zwangsläufig wieder Gewicht zu.

Beim Magenbypass finden sich zahlreiche Veränderungen im Blutspiegel von Hormonen, die im unteren Dünndarm gebildet und ins Blut abgegeben werden. Man hat dies eine lange Zeit für eine wesentliche Ursache der Wirkung des Magenbypass auf einen Diabetes mellitus angesehen, hat jedoch in den letzten Jahren feststellen können, das bei gleich großem Gewichtsverlust die Wirkung des Schlauchmagens auf den Diabetes mellitus auch ohne solche Hormonveränderungen der des Magenbypass praktisch gleichzusetzen ist.  Gänzlich unerforscht und nicht messbar sind Effekte, die damit zusammenhängen, dass Patienten ihren Lebensstil aufgrund der erreichten Gewichtsreduktion verändern um auf keinen Fall erneut in die Falle des Übergewichtes und der Adipositas zu tappen.  Auch dies kann aber durch die operative Behandlung ausgelöst und zu einem wirksamen Therapiefaktor werden. Möglicherweise ist der zugrundeliegende Mechanismus bei allen messbaren hormonellen Veränderungen aber auch sehr viel einfacher. Obwohl man davon ausgeht, dass der menschliche Organismus für eine Ernährung mit wesentlich kargerer Nahrung als derjenigen die uns heute zur Verfügung steht, geeignet ist und dass er zudem am besten funktioniert, wenn er pro Tag 20 bis 30 Kilometer zu Fuß zurücklegen muss, lässt sich die Lebensweise des Menschen nicht auf diese Urzeitbedingungen zurückführen. Möglicherweise gelingt es aber, durch operative Behandlung der Adipositas Magen und Darm des Patienten so umzugestalten, dass sie den heutigen Lebensbedingungen entsprechen. Die Tatsache, dass auch ein Jahr nach einer Magenbypass- oder Schlauchmagenoperation eine Mahlzeit auf eine Untertasse passt und bei den meisten Patienten nicht Hunger zu einer Zwischenmahlzeit führt, zeigt, dass durch die Operation eine adäquate Anpassung des Magens an die heutigen Ernährungsverhältnisse, die durch Überfluss gekennzeichnet sind, gelingt.